Vertikales Landwirtschaftskonzept

Rooftop- Urban-, und Verticalfarming im Aufwind

Frisches Gemüse aus der Stadt

Warum nicht Gemüse und Kräuter nicht dort herstellen wo die Endverbraucher wohnen,nämlich  in der Stadt?
Die vorhandenen baulichen Gegebenheiten wie zum Beispiel Flachdächer optimal und wirtschaftlich durch den Anbau von Gemüse zu nutzen. Durch die Wiederaufbereitung von Abwasser und Regenwasser und  der Ausnutzung der Abwärme des Gebäudes können die Gewächshäuser am Dach bzw. Hochbeete optimal versorgt werden.
 
 
Auf dem Heimweg schnell mal aufs firmeneigene Flachdach und die Tomaten geerntet.
Das bringt motivierte Mitarbeiterdie sich übers Firmengemüse freuen. 
Solche Ideen sind in vielen Ländern kein Thema mehr , in Österreich braucht es noch solche grünen Vorreiter.
Wer seinen Erntertrag steigern und seine Erntesaison verlängern  will indem er rechtzeitig unter Flora Leds sein Gemüse im einem geschützten Bereich hochzieht und dann wenn das Wetter es erlaubt aussetzt gewinnt doppelt.
 

Die dritte Revolution in der Landwirtschaft

STANDARD: Auf dem Papier klingt das Konzept fast perfekt. Das große Problem ist aber, dass die immensen Kosten für künstliche Beleuchtung ein bis jetzt kaum überwindbares Problem darstellen?

Despommier: Wir sind auf dem besten Weg, auch dieses Problem zu lösen. Es gibt mittlerweile ein sehr energiearmes LED-Licht, das nur Strahlen zwischen 400 und 700 Nanometer Wellenlänge abgibt – genau jenes Spektrum, das die Pflanzen benötigen. Diese Leuchten sind äußerst effizient.

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Natürlich Vertikale Landwirtschaft

Das vertikale Landwirtschaftskonzept Dragonfly des Architekturbüros Vincent Callebaut / Credits: Vincent Callebaut
Das vertikale Landwirtschaftskonzept Dragonfly des Architekturbüros Vincent Callebaut kombiniert Wohn- und Geschäftsräume mit Treibhäusern und Tierhaltung (Quelle: Vincent Callebaut)

 

Seit über zehn Jahren fordert Dr. Dickson Despommier, Lebensmittel in Hochhäusern zu züchten. Jetzt wird seine Vision Realität. Könnte dies ein ganz neues Zeitalter städtischer Nahrungsmittelproduktion einläuten?

Sie sind der Vater der vertikalen Landwirtschaft. Was ist eigentlich eine vertikale Farm?
Das ist im Grund ein mehrstöckiges Treibhaus.

Voriges Jahr war es noch eine Theorie, eine Idee, die ich vor elf Jahren hatte. Doch inzwischen existieren drei vertikale Farmen: im südkoreanischen Seoul, im japanischen Kyoto und in Den Bosch in den Niederlanden.

Die drei Modellprojekte nutzen LED-Wachstumslampensie verfügen alle über ein gewisses Maß an Automatisierung, benötigen aber auch Handarbeit, weil jedem eine Pflanzschule angeschlossen ist. Zunächst scheinen alle vorzugsweise grünes Blattgemüse anzubauen. Es wird jedoch auch mit anderen Gemüsesorten experimentiert.

Wie sieht Ihr Konzept der vertikalen Landwirtschaft aus?
Meine Vision ging wesentlich weiter: In bis zu 20 Stockwerken hohen Gebäuden sollten verschiedene Nahrungsmittelpflanzen angebaut werden, dazu sollte es Fisch- und Geflügelzucht geben. Darüber hinaus wären Nebengebäude möglich, beispielsweise für die Pflanzenanzucht, für Testlabore, einen Markt und vielleicht sogar ein Restaurant.

Ich bin überzeugt, dass es ganze Gebäudegemeinschaften geben wird, die miteinander vernetzt sind, eine Art Dorf. Das ist meine Vision.

Diese Vision erfordert eine Menge Platz; gibt es den in den heutigen Städten?
Alle Städte haben eine bestimmte Menge Grundstücke, die nicht genutzt werden oder Industriebrachen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

 

Dickson Despommier, Professor für Gesundheitswesen, Columbia University / Credits: Dickson DespommierDickson Despommier, Professor für Gesundheitswesen, Columbia University: „Sie könnten die Lebensmittelproduktion auf Ihrem eigenen Haus haben und eine Gemeinschaft städtischer Farmer gründen. Das ist auch ein Mittel, um Energie zu sparen.“ (Quelle: Dickson Despommier)

In New York gibt es einen 7,8 Quadratkilometer großen ungenutzten Militärflughafen. In Chicago werden die ehemaligen Schlachthöfe nicht mehr gebraucht – das sind fast vier Quadratkilometer Fläche.

Wie funktioniert die vertikale Landwirtschaft?
Hydrokultur oder erdelose Landwirtschaft hat ein großes Potenzial. Die Städte verbrauchen viel Wasser, das dann ungenutzt versickert. Dieses ungenutzte Abwasser kann aufbereitet und für die Hydrokulturen wiederverwendet werden. Dafür werden nicht-essbare Pflanzen eingesetzt, die das Wasser filtern und reinigen.

Wieder aufbereitetes Wasser ist natürlich das Beste, es ist aber nicht unbedingt nötig, da Hydrokulturen ohnehin einen sehr niedrigen Wasserverbrauch haben. Ich denke, der Wasserhaushalt der Städte würde nicht sonderlich belastet.

Beim Anbau in Erde werden 70 Prozent mehr Wasser verbraucht als bei Hydrokulturen. Aeroponischer Anbau – eine Form von Hydrokultur, bei der die Wurzeln über versprühtes Wasser versorgt werden – benötigt sogar noch 70 Prozent weniger Wasser als Hydrokultur.

Wie viele Nahrungsmittel lassen sich mit einer vertikalen Farm erzeugen?
Ich habe meine Studenten gerade gebeten, das zu kalkulieren – und zwar für 50.000 Menschen, die pro Tag eine ausgewogene Ernährung von 1500 Kalorien zu sich nehmen. Sie kamen auf ein 30 Stockwerke hohes Gebäude, das einen Fußabdruck von der Größe eines Blocks von New York hat.

Das wäre dann vermutlich das größte Gebäude der Welt, und um ganz New York zu versorgen, würden 120 solcher Gebäude benötigt.

Vertikale Landwirtschaft kann den konventionellen Anbau also nur ergänzen, nicht ersetzen?
Stimmt; vermutlich ließen sich niemals Gebäude errichten, die ausreichen, um eine große Bevölkerung zu ernähren.

Wenn man jedoch eine Stadt in kleinere Gebiete aufteilt und eine drei oder vier Stockwerke hohe vertikale Farm oben auf einen Wohnblock baut, wird es möglich, die 300 oder 400 Leute zu versorgen, die hier leben.

Wie würde sich eine vertikale Farm auf das Leben in der Stadt auswirken?

Es wären keine Autos für Einkäufe nötig. Sie könnten die Lebensmittelproduktion auf Ihrem eigenen Haus haben und eine Gemeinschaft städtischer Farmer gründen. Das ist auch ein Mittel, um Energie zu sparen: Ein grünes Dach spart Energie, da die Hitze nicht entweicht.

Ich glaube, diese Bewegung wird jeden überraschen und uns eine ganz neue Sicht der Städte bescheren. Die meisten Menschen betrachten die Städte eher aus der Sicht des Verbrauchers als aus der des Produzenten, was das Umland ganz enorm belastet.

Wie viele Arbeitskräfte würden die vertikalen Farmen im Vergleich mit den konventionellen beschäftigen?
In der konventionellen Landwirtschaft ist kaum noch jemand beschäftigt. Ich stelle es mir so vor, dass in den vertikalen Farmen viel mehr Leute Arbeit finden. Für die Anzucht werden viele Arbeitskräfte benötigt, ebenso für die Überwachung des Wachstums. Es könnte einen Gemüsehändler und ein Restaurant geben; und es könnten noch mehr Jobs entstehen, wenn die  Produktion von hochwertigen Lebensmitteln mit der Farm vernetzt wird.

BIG IDEAS_ Dickson Despommier_s Vertical Farming

Vor welchen großen technischen Herausforderungen steht die vertikale Landwirtschaft?
Der Energieverbrauch für die Beleuchtung ist der größte Posten. Allerdings hängt dies vom Design und vom Standort ab.

Island beispielsweise hat so viel Energie aus Geothermie, dass es die gesamte Beleuchtung der vertikalen Landwirtschaft damit sicherstellen könnte. Im Mittleren Osten könnten mit dem gleichen Konzept die enormen Mengen von Sonnenenergie genutzt werden; zur Stromerzeugung würden Solarpanele eingesetzt. Doch andere Länder müssten sehr genau überlegen, woher sie die viele Energie nehmen.

Es gibt noch einen weiteren Ansatz, den keiner verfolgt, und ich denke, er ist zukunftsträchtig. Menschliche Exkremente enthalten eine Menge Energie, die wir nutzen könnten, um die Wachstumslampen der vertikalen Farmen zu betreiben.

Allein in New York kommen jedes Jahr Fäkalien zusammen, die 900 Millionen Kilowattstunden Strom entsprechen. Trotzdem geben wir Milliarden dafür aus, um das Zeug loszuwerden anstatt es per Verbrennung in Energie zu verwandeln. Genauso gut könnten Sie bei Ihrem Auto einfach das Benzin ablassen.

Welche politischen Veränderungen sind nötig, damit die Vision dieser Kombination von Wasser, Abwasser, Energie und Landwirtschaft Realität wird?
Zunächst müssen die Bewohner der Städte davon überzeugt sein – die Bewegung muss von unten kommen. Es gab bereits enormen Druck auf die Städte, den Einwohnern den Anbau eigener Lebensmittel zu erlauben. Doch für die Umwidmung von Flächen sind entsprechende Gesetze nötig.

Es ist sehr schwierig, Stadtverwaltungen zum Handeln zu bewegen. Selbst in einer grünen, fortschrittlichen Stadt wie Portland, Oregon, dauerte die Debatte um die Genehmigung eines Treibhauses auf einem Dach sechs Monate. Fortschritt trifft immer auf einen gewissen Widerstand.